Es kommt in Deutschland nur noch selten vor und trotzdem sind ähnliche Beispiele immer wieder Thema von Rechtsstreitigkeiten: Ein Baggerfahrer eines Bauunternehmens zerstört ein Erdkabel und es kommt zum Stromausfall. Für den Privathaushalt heißt das meist: Kerzen raus und romantische Stimmung ohne Fernseher oder Internet. Im schlimmsten Fall entsteht ein verkraftbarer Schaden, wenn zum Beispiel Tiefkühlware auftaut. Weit größer kann der Schaden ein Unternehmen treffen. Fehlt die Energie, so kann ein produzierendes Unternehmen Schaden in Millionenhöhe nehmen, da es zum Produktionsausfall kommt. Viele Unternehmen schützen sich daher durch eine temporäre Unabhängige Spannungsversorgung. Diese können die Zeit eines Stromausfalls überbrücken und die Fortführung der Produktion garantieren. Doch nicht jedes Unternehmen besitzt eine solche Unabhängige Spannungsversorgung. Es stellt sich also die Frage, wie die gesetzliche Lage zu Forderungen nach Schadensersatz in Folge eines Stromausfalls aussieht.

Zu erst wird vom Gesetzgeber zwischen dem Energieversorger und dem Netzbetreiber unterschieden. Der Energieversorger muss laut dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) sicherstellen, dass in den Netzen die nötige Energie vorhanden ist. Sollte es also zu einem Stromausfall kommen, dessen Ursache im Energienetz liegt, beispielsweise bei einer durchtrennten Leitung, kann der Energieversorger nicht haftbar gemacht werden. Schließlich stellt er die nötige Menge an Energie bereit, nur die Infrastruktur funktioniert nicht.  Für diese Infrastruktur ist der Netzbetreiber verantwortlich. Der Netzbetreiber hat laut EnWG die Aufgabe „zu einer sicheren Energieversorgung beizutragen“ und die „Zuverlässigkeit des Netzes zur Versorgungssicherheit“ sicherzustellen. Das Gesetz gibt dem Netzbetreiber klar definierte Auflagen, nach welchen er das Versorgungsnetz auszubauen oder zu modernisieren hat.  Zusätzlich besitzt der Kunde, ob Unternehmer oder Privatkunde, einen Vertrag mit den Netzbetreibern. In diesen Netzanschlussverträgen kann stehen, dass der Netzbetreiber eine dauerhafte Energieversorgung nicht garantieren kann.

An wen soll also ein Haftungsanspruch gewendet werden? In jedem Fall ist es wichtig, den entstandenen Schaden sofort zu dokumentieren. Der Energieversorger fällt in den meisten Fällen weg. Hat der Energieversorger den Stromausfall nicht mindestens fahrlässig herbeigeführt, so ist er für den Stromausfall nicht haftbar zu machen. Ein solcher Fall, in dem das Energieversorgungsunternehmen haften würde, wäre beispielsweise das unberechtigte Abschalten eines Kunden. Zusätzlich sichern sich Energieversorger in der Regel in ihren Allgemeinen Versorgungsbedingungen durch Haftungsbeschränkungen ab.

Auch das netzbetreibende Unternehmen übernimmt nicht immer die Haftung. Zwar hat es den gesetzlichen Auftrag, eine sichere und zuverlässige Netzversorgung zu gewährleisten. Die Verantwortung für eine durch einen Bagger beschädigte Leitung liegt nur selten beim Netzbetreiber. Denkbar wäre es, dass der Netzbetreiber die Position der Leitung falsch an das Bauunternehmen weitergegeben hat. Dies wäre eine schuldhafte Pflichtverletzung des Netzbetreibers und ein Anspruch auf Schadensersatz durch den Netzbetreiber wäre möglich.  Es kann auch zu Schäden am Versorgungsnetz kommen, wenn der Betreiber das Netz nicht richtig wartet. Auch dafür gibt es gesetzliche Bestimmungen, an die sich der Netzbetreiber zu halten hat. Tut er das nicht, so hat der Netzbetreiber seine Pflicht eine zuverlässige Energieversorgung sicherzustellen, nicht erfüllt. Der Netzbetreiber kann auch haftbar gemacht werden, wenn das Bauunternehmen, dass den Schaden an dem Energieversorgungsnetz verursacht hat, im Auftrag des Netzbetreibers gehandelt hat. Auch in diesem Fall haftet der Netzbetreiber für den Schaden.

Zuletzt ist es denkbar, dass das Bauunternehmen selbst Haftung für den entstandenen Schaden übernehmen muss. Dabei jedoch ist die Gesetzeslage schwierig: Selten haben vom Stromausfall betroffene Unternehmen und Personen einen Vertrag mit dem Bauunternehmen. Der Auftraggeber kann eine Vertragsverletzung geltend machen und daraufhin Schadensersatz vom Bauunternehmen fordern. Besteht jedoch kein Vertrag zwischen Bauunternehmen und dem Geschädigten, der derart verletzt wurde, kann nur eine Haftung aus unerlaubter Handlung geltend gemacht werden. Diese Haftung gilt jedoch nur für Verletzung des Eigentums, also nicht für Vermögensschäden. Den verdorbenen Inhalt eines Gefrierschranks beinhaltet diese Haftung, nicht jedoch einen Produktionsausfall, da dieser reiner Vermögensschaden ist